Wir schützen gemeinsam Kinder

Wir möchten gleich eingangs festhalten, auf was wir uns genau beziehen, wenn wir von Kindesmisshandlung reden. Und an dieser Stelle möchte ich die diesbezügliche Definition der OMS zitieren:

„Jede Handlung oder unterlassene Handlung, die gegen die Rechte von Kindern und Jugendlichen verstossen, und die dadurch eine optimale Entwicklung ihrer Gesundheit und Überlebenschancen unmöglich machen“.

Wenn wir infolgedessen von Kindesmisshandlungen reden, meinen wir unter anderem auch die psychologische Misshandlung, Fahrlässigkeit, Kinderarbeit und sexuellen Missbrauch.

Während des Jahres 2020, in dem die Pandemie die Realität von uns allen beeinträchtigte und komplizierte, wurde die Lage der gefährdeten Mädchen und Jungen noch schlimmer. „Das Ministerium für Justiz und Menschenrechte wahrnte, dass die Anträge auf Eingreifen in interfamiliäre und/oder sexuelle Gewalttätigkeiten um 20% gegenüber dem gleichen Zeitraum 2019 zugenommen hätten. Es ist erschütternd zu wissen, dass der Prozentsatz der misshandelten Jungen und Mädchen während der Quarantäne tatsächlich um 23% gestiegen ist, d.h. genau genommen, die familiären Gewalttätigkeiten um 28% und der sexuelle Missbrauch um 13%.

In unser Heim kommen Kinder, die diese Phase nicht nur am Rande erlebt sondern unter dieser Art Misshandlungen gelitten haben. Und das sind auf keinen Fall Einzelfälle, keine kurzfristigen, spontanen Situationen. Das ist ein tiefgreifender Schaden für das Kind, das auf Beschluss der zuständigen Behörden dann endlich in die Wohngemeinschaft eines Heimes überwiesen wird. Diese Massnahme wird erst dann ergriffen, wenn das Kind (Junge oder Mädchen) bereits in höchstem Grade gefährdet ist. Wir sind uns bewusst, dass das Ausmass der Gefahr schwer messbar ist, aber die Erfahrung hat uns gelehrt, dass Misshandlungen keinen Grenzen unterliegen. Tag für Tag sind wir aufs Neue erschüttert von den traurigen Momenten, die diese Kinder erlebt haben.

Wenn sie bei uns ankommen, sind sie voller Angst und  auf Abwehrstellung, sie trauen uns nicht, trauen auch den anderen Kindern nicht und noch viel weniger trauen sie sich selbst. Sie glauben nicht, dass das Leben besser sein kann, dass sie ihre Kindheit ausleben können, spielen und zur Schule gehen können und jeden Tag ausreichend zu essen haben. Wir sagen immer, im Heim müssen sie lernen Kind zu sein. An die Hand genommen zu werden, um zum Arzt zu gehen, ist auch etwas Neues, ein Wehwehchen zu heilen ist eine absolute Zeremonie, wie auch das Baden, die neue Kleidung, das Vorlesen einer Geschichte vor dem Einschlafen.

„Erzähl mir, was ist mit dir los, ich möchte es gerne wissen“, ist eine Aufforderung, die man ständig im Heim hört. Und auf diese Weise kommt die Psychologin einem Mädchen zur Hilfe, dass ständig in irgendeinem Winkel des Korridors weinte, und widmet sich ausschliesslich diesem Kind und gab ihm die Möglichkeit, ihre Tränen in Worte zu fassen, den Schmerz rauszulassen und neu einzuordnen.

Die grosse Herausforderung, die die Misshandlung an uns stellt, ist ihr ein Ende zu bereiten, und dass die Jungen und Mädchen sich an eine respektvolle Behandlung gewöhnen, sie in sich aufnehmen und als normal betrachten, und dadurch ihre Selbstachtung zurück gewinnen und sie in die Lage versetzt werden, ihre Wiederstandsfähigkeit aufzubauen mit Aussicht auf ein erfülltes Leben.

Es ist das Bestreben des Maria Luisen Kinderheims, dass die Kinder nach der bei uns verbrachten Zeit gestärkt dem Leben gegenüber treten. Dass sie diese gemeinsame Zeit nutzen, um sich über sich selbst klar zu werden, ihren Ärger und die Gefühle der Ungerechtigkeit in Worte fassen und an dem Mitgefühl gegenüber anderen arbeiten können.

Mitleid ist hier fehl am Platz, den Kindern stehen viele Resourcen zur Verfügung und sie stehen an einem Punkt ihres Lebens, wo alles sich voll entfaltet und erforscht werden kann. Ein Moment in ihrem Leben, wo die Lernprozesse mit grösster Leichtigkeit durchlaufen werden. Deshalb verfügen wir auch über ein bestens ausgebildetes Team, das Lösungen sucht und findet, unsere Vorschläge sind erzieherischer Natur, die den Kindern Sicherheit vermitteln sollen und sie ihr eigenes Leistungspotential kennen lernen können.

Vor Kurzem hatten wir einen Internet-Workshop mit einem Institut, der die Rechte der Kinheit zum Gegenstand hatte, und die Kinder waren selbst erstaunt, wie viel sie über dieses Thema wussten…. Was kann man dazu anderes sagen, als dass wir stolz sind, das zu erleben und ihnen zuzuhören und zu wissen, dass all unsere Arbeit Eindruck bei ihnen hinterlässt, von ihnen aufgenommen und gespeichert wird.

Und was machen wir? Wir berichten über diese, unsere Realität und helfen beim Aufbau einer gesünderen Gesellschaft frei von Misshandlungen. Und vor allen Dingen fordern wir die Zivilgesellschaft auf, sich uns anzuschliessen,und sich gemeinsam mit uns für #eine bessere Behandlung der Kinder einzusetzen.

Ana Alvarez, Heimleiterin

 

Wir laden Sie ein, einen Beitrag zur Unterstützung und zum Wachstum des Kinderheims zu leisten.https://hogarmarialuisa.org/de/ihre-spende-fuegt-hinzu/