Das Wort „Hogar“ kommt aus dem Lateinischen „Focus“.Es bedeutet das „Feuer“, das sich in alten Zeiten im Eingang des Hauses– oder in dessen Innerem – befand und das, wegen der nötigen Wärme oder des nötigen Lichtes jede Familie aufforderte, sich dort zu versammeln.Wir könnten sagen, dass dieses Haus – der Hogar, wie dieses Feuer der Ort ist, der einlädt, der beschützt – vor dem Wind, dem Regen der Kälte…Und dort sind wir die, die den hier aufgenommenen Kindern Hoffnung geben, die begleiten, die dafür sorgen, dass dieses „Feuer“, das wir im Leben dann fühlen, wenn wir uns begeistern, in jedem von ihnen wächst und sie auffordert, ihr Schicksal selbst zu erträumen.
Wir sind auch die, die mit achtsamen Händen sowohl Richtlinien als auch Liebkosungen weitergeben; wir sind die, die keine Angst haben, sich den Wechselfällen des Lebens zu stellen; die, die ihr Bestes geben, damit viele Jungen und Mädchen fast wie in einem „Zuhause“ leben können .
Vor kurzem hatte Federico Voigt, ein Absolvent des Hogar, die Freundlichkeit, uns seine Überzeugung mitzuteilen, wie wichtig und gültig für ihn die Geschichte des „Marie Luisen Kinderheimes“ immer noch in Verflechtung mit seiner Kindheit steht.Federico wurde 1940 in Argentinien geboren, als Sohn deutscher Einwanderer, die den Neuen Kontinent für sich entdecken wollten.Wie das Leben so spielt, starb sein Vater plötzlich, und von einem Moment zum anderen sah sich seine Mutter alleine gestellt mit 2 kleinen Kindern. Und sie sah sich konfrontiert mit einem Leben in einem Land, welches nicht das ihre war. Es war damals so, dass sie durch das Netz der Deutschen Gemeinde in Argentinien Kontakt fand mit dem „Hogar María Luisa“, das damals „Kinderasyl“ genannt wurde, und in ALDO BONZI in der Provinz Buenos Aires angesiedelt war. Federico und sein Bruder lebten dort 5 Jahre lang.Er erzählte uns, dass damals im Heim 22 Jungen und 18 Mädchen lebten, jede Gruppe hatte ihren eigenen Betreuer.In seinem Fall war das Herr Ricardo Poebing, der, wie Federico uns übermittelte, eine klare Vorstellung hatte: Diesen Kindern die Wärme eines Heims zu geben.
„Im Laufe der Jahre habe ich die Titanen-Arbeit anerkannt, die Herr Poebing geleistet hat.Er widmete sie uns jeden Tag, alle Tage. Er weckte uns zwischen 6 und 7 Uhr morgens mit energischer Stimme: “ Guten Morgen, Aufstehen, Herrschaften, Frühsport!“ Er war Fotograf, organisierte Exkursionen, Theater…Er machte die Kinder zu Gärtnern, und jeder Junge war verantwortlich für einen bestimmten Sektor im Garten oder Obstgarten. Er war auch Imker:Der Honig wurde mit Butter vermischt und zum Frühstück serviert, alternativ mit Quaker, Grieß oder ziemlich dicker Polenta. Das erleichterte uns, auf den Tellern Kanäle zu ziehen und zu beobachten, wie der Kaffee dazwischen floss. Diese Variante nannten wir „brasilianische Polenta“.
Diese liebevollen Kindheits-Erinnerungen sind das Erbe, das heutzutage im Hogar María-Luisa weitergeführt wird, wir schützen und kämpfen Tag für Tag dafür – in einer immer stärker, immer schwieriger, immer härter werdenden Realität. Erwartungen wecken in Kindern, die aus verschiedenen Gründen nicht mit ihren Eltern zusammenleben können, die weit weg waren von einer normalen Umwelt, (die überhaupt nicht angemessen für sie war). Wir können versichern, dass dies ohne Zweifel keine leichte Aufgabe ist. Herr Poebing hat in Federicos Gedächtnis und ohne Zweifel auch in dem aller anderen Kinder seine Spuren hinterlassen.
Im Laufe der Jahre hatte ich das Glück, einige Reisen in verschiedenen Kontinenten zu erleben.Aber die am stärksten berührende und daher so stark in meiner Erinnerung gebliebene war die von Herrn Poebing organisierte Reise nach Cordoba. Schon ein halbes Jahr vorher begannen die Vorbereitungen in den Kursen Geografie, Mineralogie, Zeichnung /Malerei, Hauswirtschaft, Meteorologie!
Wenn jemand nach all den vielen Jahren mit so viel Liebe seine Erfahrungen während des Aufenthaltes in unserem Heim erinnert, können wir nicht mehr tun, als etwas zu stärken, was unseren Kindern vorher fehlte: „Im Dienst für die Gemeinschaft unermüdliches Zueignen„, um die schmerzlichen Realitäten dieser Kindheit in Möglichkeiten umzukehren: Wir helfen ihnen, ihre Vorstellungen von einem besseren Leben zu entwickeln, stärker und stärker, solange sie an unserer Hand gehen können, solange sie bei uns ihr Zuhause finden!
Zerbrechen wir das alte Muster der Überzeugungen, die uns annehmen ließen, dass Kinder mit solchen Realitäten nur Nahrung und Kleidung benötigen. Wo bleiben die Träume? Wo bleiben das Nachdenken und die Werkzeuge um eigene Möglichkeiten zu entdecken? Wo bleibt die Freude, lebendige Hoffnungen für ein Leben in einer besseren Welt aufrecht zu erhalten?
Es gibt kein besseres Beispiel als Federicos Erzählung. Wieviel mehr neigt sich die Waage zu einem erfüllten Leben, wenn wir uns mit Liebe und Beständigkeit engagieren. Wenn wir verstehen, dass es auch „emotionale Nahrung“ gibt: Eine Umarmung, Feste feiern, zur Schule zu gehen…das Wissen darum, was Schritt für Schritt möglich sein wird!Alle diese Hilfsangebote bilden einen Teil der Herausforderungen des Hogar.
„Schüre das Feuer mit deinem Versprechen und bilde deinen Teil innerhalb der Spur des Hogar María Luisa – einer Spur, die Grenzen, Wirklichkeiten, Jahrzehnte überschreitet –einer Spur, die unentwegt weiter wirkt, damit die Jungen und Mädchen ihre Träume verwirklichen können, sich Abenteuer vorstellen und ihre eigenen Geschichten erschaffen können“!
Isabela Crosato
Volontärin im Hogar María Luisa